Die ökonomischen Konsequenzen des Coronavirus – unbeabsichtigte Anreizsetzungen

Jede sozial- und wirtschaftspolitische Maßnahme hat das Ziel gewisse Dinge zu verändern. Oft kommt es dabei allerdings auch zu unbeabsichtigten und unvorhergesehenen Änderungen. ÖkonomInnen sprechen davon, dass diese Maßnahmen neue Anreize setzen und diese Anreize eventuell das Verhalten von Menschen in einer Art verändern, die nicht erwartet, eventuell auch nicht erwünscht ist. Hier beschäftige ich mich kurz mit drei Coronavirus-bedingten Maßnahmen und den zum Teil problematischen Anreizen, die dadurch gesetzt werden. Dieser Eintrag entsprang Gesprächen, die ich mit meinen Kollegen Christian Klamler und Michael Greinecker hatte.

 

Es wird nun bald kleinen Geschäften erlaubt, ihre Tore für Kunden wieder zu öffnen. Allerdings müssen sie klein genug sein, und zwar unter 400 Quadratmeter Geschäftsfläche. Versetzen wir uns nun kurz in die Lage eines Geschäftsführers oder Geschäftsführerin so eines Geschäfts, das 500 Quadratmeter Geschäftsfläche hat. An dessen oder deren Stelle würde ich stark darüber nachdenken, ob wir nicht einen Teil des Geschäfts schließen könnten, sodass die geöffnete Fläche gerade unter 400 Quadratmeter bliebe. Selbst wenn ich ein großes mehrgeschossiges Geschäftslokal betreiben würde, würde ich wohl krampfhaft darüber nachdenken, ob es nicht Sinn machen könnte, nur ein Stockwerk (oder nur einen Teil eines Stockwerks) für Kunden zu öffnen und mir dann den Kopf zerbrechen, wie ich möglichst viel Zeug in dieses Stockwerk hineinbekomme. Es ist (zumindest mir) hier nicht ganz klar, ob das für die Regierung ohnedies in Ordnung wäre. Wenn nicht, dann müsste man hier eventuelle neue Verbote aussprechen und die Einhaltung dieser dann wohl auch kontrollieren. Wenn man die Regeln ändert, muss man sich das dann natürlich wieder aufs Neue durchdenken, ob nicht schon wieder implizit unbeabsichtigte Anreize gesetzt werden.

Wahrscheinlich schlimmer sind die Anreize, die durch die Kurzarbeitsmöglichkeiten gesetzt werden. Stellen wir uns einen kleinen Betrieb vor, in dem ChefIn und MitarbeiterInnen sich sehr gut verstehen. Stellen wir uns vor, dass es sich um einen Betrieb handelt, der zwar ein wenig an den Coronavirusbeschränkungen leidet, aber doch recht gut beschäftigt ist. Ich könnte mir gut vorstellen, dass sich der Chef oder die Chefin samt ihren MitarbeiterInnen überlegen, ob sie die eine oder andere Person auf Kurzarbeit anmelden, wodurch deren Gehalt zum Großteil vom Staat bezahlt wird und diese Person dann dennoch eigentlich voll arbeitet. Wenn diese Person ausreichend gewinnbeteiligt ist, kann man sie dazu eventuell überreden. Natürlich wäre das sicher verboten, aber es wäre wohl nicht schwer, den wahren Sachverhalt zu verbergen.  Sagen wir es so: Die Versuchung dazu ist jedenfalls gegeben.

Interessant könnte es auch werden, wenn die ersten gut funktionierenden Antikörpertests verfügbar sind. Die Idee wäre ja, dass man alle ÖsterreicherInnen flächendeckend testet und dass diejenigen, die den Virus offensichtlich schon überstanden haben und dadurch wohl immun sind, wieder arbeiten lässt. Stellen wir uns nun zum Beispiel einen Friseur oder eine Physiotherapeutin vor, der oder die gerade langsam verzweifelt, weil ihm oder ihr viel Einkommen verloren geht. Diese Person hätte eventuell einen Anreiz sich schnell am Coronavirus anzustecken (ich bin mir allerdings nicht so sicher, wie man das anstellen würde), um dann bald zu denjenigen zu gehören, die ihren Laden wieder betreiben können.

Ich will nicht sagen, dass all das unbedingt im großen Stil geschehen muss, aber die Anreize dazu sind jedenfalls da; es ist ja auch nicht so, dass sowas in der Art noch nie vorgekommen wäre.

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